Schillers Turandot zwischen Maskenspiel und Ideendrama: Betrachtungen zu einer Chinoiserie als eurasische Verschränkung
Die literarische Darstellung einer Fremdkultur vollzieht sich als eine transformative Konfiguration. Indem das dargestellte Fremde als Gedankenfigur erscheint, wird die substanzielle Alterität zu einer diskursiven. Dabei steht die Dichtung mit anderen Textgenres in einem reziproken, aber nicht expli...
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Main Authors: | , |
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Format: | Article |
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Published: |
De Gruyter
2025-01-01
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Online Access: | https://doi.org/10.1515/ifdck-2023-0018 |
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author | Deng Jialai Ren Weidong |
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collection | DOAJ |
description | Die literarische Darstellung einer Fremdkultur vollzieht sich als eine transformative Konfiguration. Indem das dargestellte Fremde als Gedankenfigur erscheint, wird die substanzielle Alterität zu einer diskursiven. Dabei steht die Dichtung mit anderen Textgenres in einem reziproken, aber nicht explikativen Verhältnis. Sie eröffnet der diskursiven Alterität neue Dimensionen, indem sie in ihrer Eigendynamik auf das Fremde Bezug nimmt und zugleich über das Eigene reflektiert. Ausgehend von dieser Grundposition kann Friedrich Schillers Turandot. Prinzessin von China bis zu einem gewissen Grad als ein dramaturgischer Versuch interkulturellen Schreibens gelesen werden. Schillers Sublimation der Commedia dell’arte findet in einem dreifachen Kontext statt: dem Geschlechterdiskurs, dem Chinabild seit der Aufklärung sowie der Entwicklung des Turandot-Stoffs in den Prätexten. Schiller bedient sich seiner idealisierten Kenntnisse durch Lektüren von Übersetzungen literarischer und geo-historiographischer Beschreibungen über China als eine landwirtschaftliche Zivilisation, schafft daraus eine chinesische Prinzessin als eurasische Verschränkung: Turandot tritt im orientalischen Kolorit auf, verkündet jedoch einen Kampf wider die konventionelle Frauenrolle für die eigene Autonomie. Es ist nicht nur ihre Schönheit, sondern vor allem die Würde ihrer Freiheitsgesinnung, welche die Liebe bei Kalaf hervorruft, eine Liebe, welche die märchenhafte Repetition von Rätsellösung und Tötung überwindet und die schöne Seele als Inbegriff der Humanität erscheinen lässt. |
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series | Interkulturelles Forum der deutsch-chinesischen Kommunikation |
spelling | doaj-art-a30e1ef7d2be4b7abfa1f7668d7b87c32025-02-10T13:24:23ZdeuDe GruyterInterkulturelles Forum der deutsch-chinesischen Kommunikation2747-74952025-01-0141235210.1515/ifdck-2023-0018Schillers Turandot zwischen Maskenspiel und Ideendrama: Betrachtungen zu einer Chinoiserie als eurasische VerschränkungDeng Jialai0Ren Weidong1Institut für Deutsche und Niederländische PhilologieFreie Universität BerlinHabelschwerdter Allee 45D-14195BerlinGermanySchool of German StudiesBeijing Foreign Studies UniversityXisanhuan Beilu 2100089BeijingChinaDie literarische Darstellung einer Fremdkultur vollzieht sich als eine transformative Konfiguration. Indem das dargestellte Fremde als Gedankenfigur erscheint, wird die substanzielle Alterität zu einer diskursiven. Dabei steht die Dichtung mit anderen Textgenres in einem reziproken, aber nicht explikativen Verhältnis. Sie eröffnet der diskursiven Alterität neue Dimensionen, indem sie in ihrer Eigendynamik auf das Fremde Bezug nimmt und zugleich über das Eigene reflektiert. Ausgehend von dieser Grundposition kann Friedrich Schillers Turandot. Prinzessin von China bis zu einem gewissen Grad als ein dramaturgischer Versuch interkulturellen Schreibens gelesen werden. Schillers Sublimation der Commedia dell’arte findet in einem dreifachen Kontext statt: dem Geschlechterdiskurs, dem Chinabild seit der Aufklärung sowie der Entwicklung des Turandot-Stoffs in den Prätexten. Schiller bedient sich seiner idealisierten Kenntnisse durch Lektüren von Übersetzungen literarischer und geo-historiographischer Beschreibungen über China als eine landwirtschaftliche Zivilisation, schafft daraus eine chinesische Prinzessin als eurasische Verschränkung: Turandot tritt im orientalischen Kolorit auf, verkündet jedoch einen Kampf wider die konventionelle Frauenrolle für die eigene Autonomie. Es ist nicht nur ihre Schönheit, sondern vor allem die Würde ihrer Freiheitsgesinnung, welche die Liebe bei Kalaf hervorruft, eine Liebe, welche die märchenhafte Repetition von Rätsellösung und Tötung überwindet und die schöne Seele als Inbegriff der Humanität erscheinen lässt.https://doi.org/10.1515/ifdck-2023-0018schillerturandotchinabildgeschlechterdiskursschillerturandotimage of chinagender discourse |
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